Funktionierende Kreislaufwirtschaft durch Recycling per App

Lesezeit: 6 Minuten, 48 Sekunden

RecycleMe, Coca-Cola Österreich und Henkel im Interview zum Global Recycling Day

Am 18. März 2018 rief das Bureau of International Recycling erstmals den Global Recycling Day ins Leben. Vier Jahre sind seitdem vergangen. Auch der fünfte Global Recycling Day im Jahr 2022 wird wieder weltweit gefeiert und dazu genutzt, auf Aktionen und Initiativen rund um die Themen Wiederverwertbarkeit, Ressourcenschonung und Umweltschutz aufmerksam zu machen.

Mit der RecycleMich-App betreibt die RecycleMe GmbH eine solche Initiative, die derzeit in Österreich namhafte Unternehmen wie den Getränkehersteller Coca-Cola Österreich und Henkel in ihrem Einsatz für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft miteinander verbindet. Im Interview sprechen die Partner über die Bedeutung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und die gemeinsame Zusammenarbeit in der RecycleMich-Initiative.

Welche Bedeutung hat Ihrer Meinung nach das Thema Kreislaufwirtschaft?

Isabelle Haslinger, Henkel: Für Henkel gehört die Förderung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft zu einer umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie, die neben Innovation und Digitalisierung eine strategische Priorität unserer Agenda für ganzheitliches Wachstum darstellt. Nachhaltigkeit ist zudem einer unserer Unternehmenswerte und spiegelt sich in unserem Purpose ‚Pioneers at heart for the good of generations‘ wider. Henkel setzt sich aktiv für den Aufbau einer echten Kreislaufwirtschaft ein, arbeitet mit verschiedenen Partnern entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammen und beteiligt sich an internationalen Initiativen wie der Plastic Bank und der New Plastics Economy der Ellen MacArthur Foundation.

Philipp Bodzenta, Coca-Cola Österreich: Hier stimme ich vollkommen zu. Für Coca-Cola weltweit und für uns als Organisation hier in Österreich ist Nachhaltigkeit ein Kernaspekt und setzt Kreislaufwirtschaft integriert auf vielen Ebenen an: Sei es der Schutz von Wasservorräten etwa durch die Minimierung des Wassereinsatzes in unserer Produktion in Edelstal im Burgenland, Einsatz von 100% Öko-Strom und Betrieb unserer Fotovoltaikanlage am Werksgelände und die Flottenumstellung auf „Green Fleet“ oder Maßnahmen zu einem geschlossenen Wertstoffkreislauf unserer Verpackungen durch Aufmerksamkeit für das richtige Sammeln und den Einsatz von recycelten Materialien. Für uns ist es wichtig, stetig den CO2-Fussabdruck zu verringern und wie alle Ressourcen auch den Abfall von gestern als Wertstoff von heute zu erkennen und wiederzuverwerten.

Der Global Recycling Day wurde ins Leben gerufen, um die internationale Bedeutung des Recyclings zu stärken, recycling-freundliches Produktdesign und recyclingfähiges Material zu fördern und vorhandene Recyclingverfahren und -technologien zu optimieren. Wie sehen Sie die Entwicklung dieses Vorhabens?

Stefan Siegl*, RecylceMe GmbH: Wir sehen momentan auf vielen Ebenen Entwicklungen, die wir sehr begrüßen. Das Thema Kreislaufwirtschaft und damit auch das Recycling von wichtigen Wertstoffen gewinnen nicht nur gesellschaftlich, sondern auch politisch sehr stark an Bedeutung. Das sehen wir in Deutschland durch einen starken kreislaufwirtschaftlichen Fokus im Koalitionsvertrag der neugewählten Regierung oder in Österreich, durch ambitionierte und gute Recyclingziele und die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes. Auch die wachsende internationale Bedeutung der erweiterten Produzentenverantwortung, die den Hersteller für den gesamten Produktlebenszyklus in die Verantwortung nimmt oder die Einführung einer Kunststoffabgabe durch die EU sind absolut wichtige Schritte in die richtige Richtung. Nicht zuletzt auch die Tatsache, dass unser Angebot als Unternehmensberatung auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft so stark nachgefragt ist, zeigt die gestärkte Bedeutung des Recyclings in der globalen Wahrnehmung. Umso mehr freut es uns, dass große Unternehmen wie unsere beiden Partner Coca-Cola Österreich und Henkel in diesen Bereichen als tolle Vorbilder vorangehen.

Philipp Bodzenta, Coca-Cola Österreich: Die Verpackung der Zukunft ist für uns eine Mischung unterschiedlicher Verpackungen. Ob Mehrweg, Einweg oder verpackungsreduzierte Lösungen – jede Verpackung kann anlassbezogen einen Zweck erfüllen, solange der Kreislauf geschlossen bleibt. Eine Nachfrage nach diesem nachhaltigen Verpackungsmix erkennen wir auch bei unseren Konsumentinnen und Konsumenten. Gerade im Umgang mit Einwegverpackungen geschieht auch regulatorisch sehr viel. Die Single-Use-Plastics-Richtlinie der EU sieht etwa vor, dass bis zum Jahr 2029 90 Prozent der Getränkeflaschen aus Kunststoff gesammelt werden und die Recyclingquote für Kunststoffverpackungen bis 2030 schrittweise auf 55 Prozent zu erhöhen. Wir wollen den Kreislauf aber zur Gänze schließen: Deswegen ermutigen wir Konsumentinnen und Konsumenten zum richtigen Sammeln von Verpackungen und setzen z.B. seit 2019 bei unserer Marke Römerquelle zu 100% auf recyceltes Material (rPET). Zudem setzen wir heuer bereits zwei Jahre vor Inkrafttreten einer EU-Vorgabe um, dass bei unseren Limonaden die Verschlüsse fix mit der PET-Flasche verbunden bleiben, um Littering zu vermeiden. Der Global Recycling Day hilft, um die Bedeutung des Schutzes natürlicher Ressourcen kontinuierlich zu untermauern und das Bewusstsein weltweit zu schärfen.

Welche konkreten Ziele oder Maßnahmen haben Sie sich vorgenommen, um sich im Sinne des Global Recycling Days für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft einzusetzen?

Isabelle Haslinger, Henkel: Im Rahmen des kürzlich veröffentlichten „2030+ Sustainability Ambition Framework“ hat sich Henkel in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft das Ziel gesetzt, dass bis 2025 100 Prozent der Henkel-Verpackungen recycelbar oder wiederverwendbar sein sollen. Ende 2021 lag der Anteil bereits bei 86 Prozent. Darüber hinaus arbeitet Henkel kontinuierlich daran, bis 2025 den Anteil an recyceltem Material in Verpackungen auf mehr als 30 Prozent für alle Kunststoffverpackungen seiner Konsumgüterprodukte weltweit zu erhöhen. In Österreich enthalten bereits sämtliche Flaschenkörper der Marken Silan, Fewa, Pril und Clin 100 Prozent Recycling-PET (50% bzw. 75% bei den 3L-Flaschenformaten von Silan und Fewa). Für Persil und weitere Universalwaschmittelflaschen verwenden wir kein PET, sondern Flaschen aus einem anderen Kunststoffmaterial. Für Polyethylen einen Recycling-Materialstrom aus der Gelben Tonne oder dem Gelben Sack für Verpackungen zu kreieren, ist in Österreich neu. Henkel hat jedoch im Rahmen eines Leuchtturm-Projekts, unter der Ägide des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO), bewiesen, dass dies möglich ist.

Stefan Siegl*, RecycleMe: Mit unserem Beratungsgeschäft sind wir kürzlich aus Deutschland nach Österreich und in die Slowakei expandiert – weitere Märkte werden folgen. Wir bieten unseren Kunden internationale Expertise durch die gesamte Kreislaufwirtschaft. Wir informieren über Marktentwicklungen, beraten zu rechtlichen Neuerungen, analysieren und optimieren die Recyclingfähigkeit von Verpackungen und entwickeln eigene innovative Lösungen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Mit unseren App-Lösungen RecycleMich bzw. Recycle Everywhere motivieren wir Menschen zum korrekten Recycling und sind damit in Österreich und Kanada bereits sehr erfolgreich. Allein in Wien wurden mit unserer App in weniger als einem Jahr knapp 400.000 Verpackungen recycelt. Diese Zahlen wollen wir natürlich weiter steigern und unsere digitalen Lösungen stetig weiterentwickeln. Eine Studie, die wir im vergangenen Jahr unter allen Nutzerinnen und Nutzern unserer App in Wien durchgeführt haben, zeigt, dass wir hier wirklich etwas bewegen: Knapp die Hälfte der Befragten gab an, dass sich ihr Recyclingverhalten seit der Nutzung der App verbessert hat. Dieser Erfolg hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass wir renommierte Partner wie Coca-Cola Österreich und Henkel an unserer Seite haben.

Wie genau sieht die Zusammenarbeit im Rahmen von Initiativen wie der RecycleMich-App aus?

Philipp Bodzenta, Coca-Cola Österreich: Gemeinsam mit dem Team von Reclay und RecycleMe haben wir im vergangenen Jahr 2021 die App zunächst in Wien mit dem Fokus auf Getränkeverpackungen auf den österreichischen Markt gebracht. Das Ziel der App ist die Aufmerksamkeit zur Steigerung der Recyclingquoten. Dabei stehen Endverbraucherinnen und Endverbraucher ganz klar im Mittelpunkt der App. Sie können PET-Flaschen und Aludosen von teilnehmenden Marken über einen Code scannen und anschließend durch das korrekte Entsorgen Punkte sammeln. Dafür gibt es attraktive Preise von Partnerunternehmen. Mit der App leisten wir zeitgleich Aufklärungsarbeit, bekämpfen die umweltschädlichen Folgen durch Littering und sorgen dafür, dass möglichst viele Wertstoffe im Kreislauf gehalten werden können. Wir freuen uns, dass eine große Mehrheit der Getränkeunternehmen Teil der Initiative ist und auch namhafte Non-Food Hersteller mittlerweile an Bord sind. Denn eines ist klar: unsere Ziele können wir nur miteinand erreichen.

Isabelle Haslinger, Henkel: Wir sind sehr stolz darauf, mit Henkel der erste Non Food-Partner der RecycleMich-Initiative zu sein. Innovative und digitale Ansätze wie diese App sind nach unserer Ansicht der richtige Weg, um Recycling und Kreislaufwirtschaft attraktiv und praktisch für die Allgemeinheit zu machen. Mit RecycleMich verfolgen wir gemeinsam das Ziel, möglichst viele Kunststoffverpackungen in Österreich einem qualitativ hochwertigen Recycling zuzuführen. Das ist notwendig, um die ambitionierten und wichtigen EU-Recyclingziele zu erfüllen.

 

*Hinweis: Stefan Siegl ist nicht mehr für unser Unternehmen tätig. Ihre neue Ansprechperson für RecycleMich ist Ines Kilnhofer. Bei Fragen zu RecycleMich kontaktieren Sie uns gerne unter hallo@recyclemich.at.

 

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