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Die vierte Sitzung des Intergovernmental Negotiating Committee (INC-4), die vom 20. bis 29. April 2024 in Ottawa, Kanada, stattfand, endete mit bedeutenden Fortschritten auf dem Weg zu einem globalen Vertrag zur Bekämpfung der Kunststoffverschmutzung. Mehr als 2.500 Delegierte aus 170 Ländern und über 480 Beobachterorganisationen, darunter Nichtregierungsorganisationen, zwischenstaatliche Organisationen und UN-Einrichtungen, kamen zusammen, um ein internationales rechtsverbindliches Instrument zur Bekämpfung der Kunststoffverschmutzung, inklusive in der Meeresumwelt, voranzutreiben. Eine Analyse vom Center for International Environmental Law über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer stellte zudem fest, dass im Vergleich zum INC-3 37 % mehr Lobbyisten (196) für die fossile Brennstoff- und Chemieindustrie vor Ort waren. Somit waren diese stärker vertreten als die Europäische Union (180 Delegierte).
Schwerpunkt auf problematische und vermeidbare Kunststoffe
Die gute Vorbereitung und hohe Motivation der Delegierten führten in Ottawa zu einer produktiven Sitzung. Während der einwöchigen Sitzung konzentrierten sich die Verhandlungen auf die Verfeinerung des überarbeiteten Entwurfs des Vertragswerks. Die Hauptdiskussionen erstreckten sich auf verschiedene wichtige Themen wie Emissionen und Freisetzungen, Produktion, Produktdesign, Abfallmanagement und Finanzierung. Indem ein besonderer Schwerpunkt auf problematische und vermeidbare Kunststoffe gelegt wurde, wurde somit die Dringlichkeit der Auseinandersetzung mit diesen Themen unterstrichen.
Einigung über den Geltungsbereich des Abkommens steht noch aus
Zwei Themen erwiesen sich jedoch als problematisch, um eine Einigung zu erzielen: der Geltungsbereich des Abkommens und seine Finanzierung. So fordert die High Ambition Coalition for a Plastic Treaty, eine Gruppe von 66 „ehrgeizigen“ Staaten, dass das Abkommen den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen umfasst. Viele andere Staaten unterstützen diese Forderung. Kunststoffproduzierende Länder hingegen verorten die Verschmutzungsquelle nicht in den frühen Stadien des Kreislaufs. Sie ziehen es vor, dass der Vertrag nur auf den Verbrauch von Kunststoffprodukten und die Bewirtschaftung ihres Lebensendes abzielt. Um ihrer konträren Position Nachdruck zu verleihen, haben mehr als zwei Dutzend Mitgliedstaaten (wie Frankreich, die Niederlande, das Vereinigte Königreich, Peru, Nigeria und Australien) die „Bridge to Busan Declaration on Primary Plastic Polymers“ unterzeichnet, in der sie die Einbeziehung der Produktion von Kunststoffpolymeren in das Abkommen fordern. Dies könnte Produktionsobergrenzen, Reduktionsziele oder andere Beschränkungen beinhalten. Bislang haben nur Ruanda und Peru einen Vorschlag mit konkreten Zahlen vorgelegt. Dieser sieht eine Reduzierung der Produktion von Virgin-Kunststoff um 40 % zwischen 2025 und 2040 vor.
Vorbereitungen auf die nächste Sitzung laufen bereits
Was die Finanzierung des Kampfes gegen die Verschmutzung durch Kunststoffe angeht, so konnte bisher kein Konsens gefunden werden: Es wurden Vorschläge wie die Einrichtung eines neuen Fonds oder die vollständige Finanzierung des Kampfes durch die Kunststoffindustrie gemacht. Die Europäische Union spricht sich dafür aus, die Finanzierung an bestimmte Ziele und Maßnahmen zu knüpfen. Im Gegensatz dazu schlug Ghana die Einführung einer Steuer auf Virgin-Polymere vor.
Ein wichtiges Ergebnis der INC-4 ist der Konsens über die intersessionalen Arbeiten. Diese vorbereitenden Arbeiten umfassen Expertentreffen, die eine Annäherung in strittigen Fragen herbeiführen sollen, um den Weg für einen umfassenden Vertrag zu ebnen. Darüber hinaus wurde die Einsetzung einer Gruppe zur Ausarbeitung von Rechtsvorschriften vereinbart. Diese Gruppe wird bei der nächsten Sitzung der INC-5, die vom 25. November bis zum 1. Dezember 2024 in Busan, Südkorea, stattfinden wird, eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der rechtlichen Robustheit und Klarheit des überarbeiteten Textentwurfs spielen.
Bedeutende Fortschritte in Ottawa erzielt
Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UN-Umweltprogramms, wies auf die in Ottawa erzielten Fortschritte und den ausschlaggebenden weiteren Verlauf hin. Beide Ziele – das Vorantreiben des Textes und die Einigung auf intersessionale Arbeiten – wurden auf diesem Gipfel erreicht.
Der Fahrplan nach Busan ist von dem festen Willen geprägt, die Krise der Verschmutzung durch Kunststoffe frontal anzugehen. Die bevorstehende Tagung in Busan ist nicht nur die letzte Sitzung des INC-Prozesses, sondern könnte auch zu einem globalen Umweltabkommen von ähnlicher Bedeutung führen wie das Pariser Abkommen und das Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework.
Da sich die Verhandlungen ihrem Abschluss nähern, steht weiterhin viel auf dem Spiel, und die Weltgemeinschaft schaut genau hin. Ziel des Abkommens ist es, bis Ende 2024 einen strukturierten und rechtsverbindlichen Rahmen zur Verringerung der Verschmutzung durch Kunststoff zu schaffen und die Umwelt für künftige Generationen zu schützen.
Was passiert als Nächstes?
Es werden intersessionale Arbeiten zwischen den Tagungen stattfinden. Es wird zwei Gruppen geben: Die eine Gruppe wird sich mit den finanziellen Mitteln befassen, die andere wird Vorschläge für verbindliche Regelungen ausarbeiten, die bestimmte gefährliche Stoffe und vermeidbare Kunststoffe einschränken oder verbieten könnten. Die nächste Sitzung findet vom 25. November bis 1. Dezember 2024 in Busan, Südkorea, statt (INC-5).
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